Interview mit Frau Christa Heilemann, Dezernentin für Jugend und
Soziales
beim Landkreistag Baden-Württemberg
M. Kasprowsky:
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen dem Landesverband für die Kindertagespflege und dem Landkreistag?
C. Heilemann:
Die Zusammenarbeit gestaltet sich positiv. Beide Verbände wirken in der vom Landesjugendhilfeausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung der Kindertagespflege mit und haben darüber hinaus weitere formelle und informelle Kontakte.
M. Kasprowsky:
Welche Aufgaben erfüllt der Landkreistag in Bezug auf die Ausgestaltung der Kindertagespflege?
C. Heilemann:
Der Landkreistag spricht gemeinsam mit dem Städtetag und dem Kommunalverband für Jugend und Soziales Empfehlungen zu den Rahmenbedingungen der Kindertagespflege gegenüber den Stadt- und Landkreisen und Städten mit eigenem Jugendamt aus. Bezüglich der laufenden Geldleistung besteht hierfür eine Rechtsgrundlage in
§ 8 b Kindertagesbetreuungsgesetz (KitaG).
M. Kasprowsky:
Welches Gewicht hat der Landkreistag bei der Erarbeitung, der Durchsetzung und der Einhaltung der Empfehlungen durch die Landkreise und die örtlichen Jugendhilfeträger?
C. Heilemann:
Wie oben beschrieben werden die Empfehlungen gemeinsam erarbeitet. Sie erhalten durch Beschlussfassung in den Gremien des Landkreistags und der anderen kommunalen Verbände ein hohes Gewicht für die Landkreise und Städte. In ihrer Ausgestaltung vor Ort sind die Landkreise frei und können sich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bewegen.
M. Kasprowsky:
Welche anderen politischen Institutionen und Organisationen und in welchem Maße nehmen Einfluss auf die Gestaltung der Kindertagespflege (bundes-, und landesweit)?
C. Heilemann:
Das Kultusministerium wirkt in seiner Eigenschaft als oberste Landesjugendbehörde in der vom
Landesjugendhilfeausschuss eingesetzten Arbeitsgruppe mit. Dem Land kommt eine zentrale Bedeutung auch insoweit zu, als es gegenüber den örtlichen Jugendhilfeträgern zur Konnexität im Sinne von Artikel 71 Abs. 3 der Landesverfassung verpflichtet ist.
Im Koalitionsvertrag wurde zur Kindertagespflege festgelegt, dass die finanziellen und beruflichen Rahmenbedingungen für Tagespflegepersonen verbessert und geprüft werden sollen. Welchen Beitrag das Land dazu leistet ist bisher offen.
M. Kasprowsky:
Zwar ist aufgrund der föderalen Ordnung der Bundesrepublik ein bundesweit praktiziertes einheitliches Modell z. Zt. praktisch nicht durchsetzbar, aber wäre es nicht möglich und sinnvoll ein einheitliches Modell innerhalb des Bundeslandes zu schaffen?
C. Heilemann:
Ein einheitliches Modell hätte Vor- und Nachteile. Vorteil wäre eine einheitliche Regelung für das ganze Land, die, wenn gesetzlich abgesichert, auch den oben beschriebenen Konnexitätsanspruch für alle finanziellen Folgen auslösen würde. Nachteil wäre, dass es damit nur ein einheitliches, starres Modell gäbe, das nicht auf die örtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden könnte. Die Weiterentwicklung geschieht in aller Regel vor Ort und lässt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung auch neue Wege zu. Neben den Landkreisen engagieren sich auch die kreisangehörigen Gemeinden in erheblichem Umfang für die Kindertagespflege. Bei einem einheitlichen Modell bestünde die Gefahr, dass dieses Engagement zurückgefahren würde.
M. Kasprowsky:
Wie können die Eltern ihr Wahlrecht durchsetzen?
C. Heilemann:
Den Eltern steht das Wahlrecht zwischen einer Kindertageseinrichtung und einer Kindertagespflege bis zum 3. Lebensjahr ihres Kindes zu. Danach besteht der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Lediglich bei besonderem Bedarf oder ergänzend kommt die Kindertagespflege daneben oder alternativ in Betracht
M. Kasprowsky:
Wessen Hilfe können sie in Anspruch nehmen?
C. Heilemann:
Eltern können ihren Rechtsanspruch unmittelbar gegenüber den öffentlichen Jugendhilfeträgern geltend machen. Es steht ihnen frei, dabei anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen.
Unabhängig davon haben sowohl Erziehungsberechtigte als auch Tagespflegepersonen einen gesetzlichen Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege, der sich an den öffentlichen Jugendhilfeträger richtet.
M. Kasprowsky:
Was können die Tagespflegepersonen in solchen Fällen unternehmen?
C. Heilemann:
Tagespflegepersonen stehen in einer eigenen Rechtsbeziehung zum öffentlichen Jugendhilfeträger. Sie erhalten die laufende Geldleistung nach § 23 SGB VIII unmittelbar vom öffentlichen Jugendhilfeträger.
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